"Bürgerrechtler rufen bundesweit zur Teilnahme an einer Demonstration gegen die ausufernde Überwachung durch Wirtschaft und Staat auf. Am Samstag, den 22. September 2007 werden besorgte Bürgerinnen und Bürger in Berlin unter dem Motto "Freiheit statt Angst - Stoppt den Überwachungswahn!" auf die Straße gehen. Treffpunkt ist der Pariser Platz (Brandenburger Tor) um 14.30 Uhr.
Der Überwachungswahn greift um sich. Staat und Unternehmen registrieren, überwachen und kontrollieren uns immer vollständiger. Egal, was wir tun, mit wem wir sprechen oder telefonieren, wohin wir uns bewegen oder fahren, mit wem wir befreundet sind, wofür wir uns interessieren, in welchen Gruppen wir engagiert sind - der "große Bruder" Staat und die "kleinen Brüder" aus der Wirtschaft wissen es immer genauer.
Mit der Vorratsspeicherung der Telekommunikation und Online-Durchsuchungen von Computern stehen weiter verschärfte Sicherheits- und Überwachungsbefugnisse auf der unersättlichen politischen Agenda. Dabei bewirkt die zunehmende elektronische Erfassung und Überwachung der gesamten Bevölkerung keinen verbesserten Schutz vor Kriminalität, kostet Millionen von Euro und gefährdet die Privatsphäre Unschuldiger. Wo Angst und Aktionismus regieren, bleiben gezielte und nachhaltige Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheit ebenso auf der Strecke wie ein Angehen der wirklichen, alltäglichen Probleme der Menschen (z.B. Arbeitslosigkeit und Armut)."
Ist jemand - wie ich und viele andere - der Meinung, dass der Überwachungswahn der Stasi 2.0 und der Privatwirtschaft zu weit geht, so gibt es kaum eine Ausrede für ihn, nicht bei dieser Demonstration zu erscheinen. Denn Bürgerrechtsorganisationen sind keine Grundrechtepolizei, die für uns - während wir uns bequem zurücklehnen können - unsere Rechte erkämpfen; für seine Grundrechte muss man als Bürger schon auch selbst ein Bewusstsein haben und auch bereit sein für sie einzustehen.
Einfach nur alle vier Jahre zur Wahl zu gehen und ansonsten schön brav zu fressen, ficken, fernsehen und "die da oben" für "die Scheiße" schuldig zu befinden, die sie "Tag für Tag verzapfen" hat mit Demokratie im eigentlichen Sinne nicht viel zu tun; eher schon mit dem Verfahren einer übersättigten dummdreisten Konsumgesellschaft, die damit alle vier Jahre ihren (neuen) Führer bestimmt. Demokratie beinhaltet nicht nur das Recht, seine Meinung äußern und wählen gehen zu dürfen, sondern auch die moralische Pflicht jedes einzelnen Bürgers, dieses Recht in Anspruch zu nehmen: kritisch das tagespolitische Geschehen zu verfolgen, mit Freunden und Bekannten darüber zu diskutieren, sich möglichst aus verschiedenen seriösen Quellen zu informieren und - wenn man das politische Geschehen für bedenklich befindet - aktiv zu werden; in welcher Form auch immer. Wer dazu nicht bereit ist, hat nach meinem Dafürhalten die Errungenschaft Demokratie eigentlich nicht verdient.
Waren die Weimarer Jahre eine Zeit formloser Gärung gewesen, so entwickelte sich auf dem Hintergrund des tiefen Umbruchs, den NS-Regime, Krieg und Zusammenbruch darstellten, eine neue demokratische Staatlichkeit, die auf der Einsicht beruht, dass es im Staat eine Verantwortung sowohl der Regierenden als auch der Regierten gibt.
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Das Grundgesetz ist Rahmen und Aufgabe für das Handeln der Regierenden wie der Regierten, gekennzeichnet durch das Bemühen um Mäßigung der Macht durch das Recht und durch staatsbürgerliche Mitverantwortung zu Gunsten der Würde des Menschen. Das heißt: Alle Bürger und Bürgerinnen haben mitzuwirken an der Verteidigung des grundgesetzlich verbrieften und geschützten Rechts, das sowohl unser eigenes ist als auch das unserer Mitbürger.